Kieferorthopädische Operationen sind aufgrund der fakultativ pathogenen Mundhöhlenflora als Eingriffe mit einer sauber-kontaminierten Operationswunde einzustufen. Da ohne Antibiotikaprophylaxe bei diesen Eingriffen eine Inzidenz postoperativer Wundinfektionen von 20–31% zu erwarten ist, wurde in einer retrospektiven Aufarbeitung der Krankheitsverläufe von 545 Dysgnathiepatienten der Stellenwert der perioperativen Infektionsprophylaxe analysiert. Die Gesamtwundinfektionsrate lag mit 2,8% deutlich niedriger als publizierte Quoten vergleichbarer Studien von Patientenkollektiven ohne perioperative Antibiose. Hervorzuheben ist die nach alleiniger Unterkieferosteotomie festgestellte Wundinfektionsrate von 4,1%, die aufgrund der größeren mechanischen Belastung der Operationswunde im Kieferwinkelbereich sowie der dort erhöhten Retention von Speiseresten und sonstigen Zerfallsprodukten signifikant höher war als der vergleichbare Wert von 0,8% nach alleiniger Oberkieferosteotomie. Die ermittelte Zunahme der Wundinfektionsrate mit steigender Operationsdauer bei Unterkieferverlagerungen zeigt, daß das Ausmaß der bakteriellen Kontamination der intraoralen Wunde auch vom Umfang sowie der Dauer des Eingriffs abhängt. Bezüglich des Erregerspektrums der beobachteten Wundinfektionen lagen mit 61,5% in Übereinstimmung mit anderen Autoren überwiegend polymikrobielle aerob-anaerobe Mischinfektionen vor. Mit steigender Dauer der Antibiotikagabe resultierte tendenziell eine Zunahme der Nebenwirkungsrate sowie auch der postoperativen Infektionsrate, was eine über 3 Tage hinausgehende Prophylaxe als wenig sinnvoll erscheinen läßt. Bei der überwiegend mit Zephalosporinen durchgeführten Infektionsprophylaxe lag die Gesamtnebenwirkungsrate mit 4,6% niedriger als die Inzidenz von spezifischen Nebenwirkungen anderer Antibiotikagruppen. Die Untersuchung zeigt, daß bei kieferorthopädischen Eingriffen eine Kurzzeitprophylaxe von 48 h mit einem Breitspektrumantibiotikum wie beispielsweise Cefotaxim (Claforan®) sehr wirksam und sinnvoll ist.