Die Pharmakotherapie gehört bei geriatrischen Patienten zu den häufigsten und zugleich mit zu den schwierigsten Interventionen. Auch wenn in diesem Beitrag die Pharmakotherapie bei geriatrischen Patienten ganz in den Vordergrund rückt und isoliert betrachtet wird, so ist sie in der Praxis tatsächlich eher selten als Einzelmaßnahme indiziert, sondern zumeist in den ganzheitlichen Behandlungsansatz einer geriatrischen Komplexbehandlung einzubetten, der funktionelle und psychosoziale Aspekte gleichwertig berücksichtigt. Nicht jeder ältere Patient ist per se ein geriatrischer Patient, und nicht jeder geriatrische Patient ist per se ein hochaltriger Patient. Es wird dieser Übersichtsarbeit daher eine Definition des geriatrischen Patienten vorangestellt, bevor auf bekannte physiologische Altersveränderungen und grundsätzliche Probleme der Multimedikation (unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen, Non-Compliance) eingegangen wird, um daraus die zentralen Leitsätze geriatrischer Pharmakotherapie herzuleiten. Die Qualität geriatrischer Pharmakotherapie muss an der Vermeidung von Übermedikationen ebenso wie an der Vermeidung von Unter- und Fehlmedikationen gemessen werden und darf nicht pauschalierend mit Polypragmasie gleichgesetzt werden. Gerade der Aspekt der Fehl- und Untermedikation (z. B. bei Depression, Demenz, Schmerzen) ist aufgrund des insgesamt hohen Arzneimittelverbrauchs im Alter bislang noch viel zu wenig untersucht. Zur Verbesserung der Sicherheit der Arzneimitteltherapie im Alter wurden von einer amerikanischen Expertengruppe 1991 erstmals explizite Kriterien für im Alter grundsätzlich ungeeignete Medikamente entwickelt und im Konsensverfahren wiederholt aktualisiert. Die Kriterien erfassen dabei sowohl grundsätzlich inadäquate Substanzen und Substanzklassen als auch spezifische Kontraindikationen bei Komorbiditäten sowie inadäquate Dosierungen. Diese Kriterien sollten das Management jeder geriatrischen Pharmakotherapie beeinflussen, und sei es, um fest zu stellen, dass ein Abweichen von diesen Kriterien explizit begründet werden sollte. Solange insbesondere geriatrische Patienten von klinischen Arzneimittelstudien weitestgehend ausgeschlossen werden, wird der Expertenkonsens über explizite Kriterien zu den wenigen verfügbaren Mitteln gehören, um die Sicherheit der Arzneimitteltherapie im Alter zu erhöhen.