Die Entfernung unterer Weisheitszähne gehört zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen im Kopfbereich. Verletzungen des N. alveolaris inferior, des N. lingualis sowie Unterkieferfrakturen sind zwar seltene Zwischenfälle, führen dann jedoch häufig zu zivilrechtlichen Haftpflichtklagen. Für den behandelnden Zahnarzt/Kieferchirurgen ist es deshalb von großer Bedeutung, welche Ansprüche an Sorgfaltspflicht, Aufklärungspflicht und Dokumentationspflicht von der Rechtsprechung gestellt werden. Ziel unserer Untersuchung war es, für den Operateur diesbezügliche Empfehlungen aus juristischer Sicht herauszuarbeiten. In 2 umfangreichen elektronischen Datenbanken (CDIS 3.1 Dt. Rechtsprechung; JURIS Online) wurden alle Urteile seit 1980, die Nervschädigungen und Unterkieferfrakturen bei Weisheitszahnentfernungen zum Gegenstand hatten, recherchiert, und im Hinblick auf die juristischen Vorgaben bzgl. der Sorgfaltspflicht, der Aufklärungspflicht und der Dokumentationspflicht des Behandlers analysiert. Die Verletzung der Aufklärungspflicht war in über 57% der Fälle zentraler Bestandteil des Klagevorbringens. Bemerkenswert ist eine differierende Rechtsprechung in Rechtsstreitigkeiten nach Schädigungen des N. lingualis. Die Aufklärungspflicht über das Risiko der Nervschädigung sowohl während der Operation als auch bei der Leitungsanästhesie wird unterschiedlich beurteilt. Einheitlich wird hingegen von den Gerichten auf die Aufklärungspflicht bzgl. Unterkieferfrakturen hingewiesen. Weiter werden diesbezüglich auch diagnostische und therapeutische Mindeststandards formuliert. Zusammenfassend ¶lässt sich feststellen, dass die Urteile bzgl. der Sorgfaltspflichtverletzungen tendenziell eine gewisse Relativierung zugunsten des Zahnarztes erkennen lassen, was die Strenge des an die gebotene Sorgfalt anzulegenden Maßstabs anlangt. Der Umfang der Aufklärung hingegen wird eher extendiert, so dass es ratsam erscheint, den Patienten sehr umfassend aufzuklären. Aus beweisrechtlicher Sicht sind eine Dokumentation der Aufklärung sowie eine kurze Darstellung des therapeutischen Vorgehens unbedingt angezeigt.